Die Filmstarts-Kritik zu Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen (2024)

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Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen

Kritik der FILMSTARTS-Redaktion

3,0

solide

Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen

Von Florian Koch

Ob Oben, Ice Age 3 oder Monsters Vs. Aliens. Die animierten Filmhits stammen auch in diesem Jahr wie gewohnt aus den Häusern Pixar, BlueSky und Dreamworks. In die Phalanx der drei etablierten Animations-Studios möchte nun endlich auch die 2002 gegründete Firma Sony Animation vordringen. Bisher wollte es mit dem Durchbruch der 100-Millionen-Einspiel-Schallmauer nämlich noch nicht so recht klappen. Während das Debüt Jagdfieber vor drei Jahren in den USA immerhin die Kosten deckte, floppte das Nachfolgewerk Könige der Wellen sogar. Nach dem Motto „Aller guten Dinge sind drei“ gelang Sony mit ihrer ersten 3D-Produktion „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ endlich ein Kassenschlager. Ausschlaggebend für den Erfolg sind die richtigen Animations-Zutaten: eine kurze Lauflänge, ein populäres Kinderbuch als Vorlage, (auch in der deutschen Fassung) glänzend ausgewählte, typgerechte Sprecher, zwei enthusiastische, unverbrauchte Regisseure (Phil Lord, Chris Miller) und eine Prämisse, die Kinderaugen zum Strahlen bringt: Wie wäre es, wenn es plötzlich Essen vom Himmel regnet?

Flint Lockwood (Stimme: Bill Hader) ist ein begeisterter Erfinder, der sich mit seinen Einfällen aber nicht nur Freunde macht: Mit angriffslustigen Rattenvögeln, gedankenlesenden Affen, Haarentferner und Aufsprühschuhen punktet er weder bei den Mitschülern noch bei seinem knorrigen Vater Tim (James Caan). Nur Mutter Fran (Lauren Graham) bestärkte Flint in seinem Erfindergeist. Als sie stirbt, igelt er sich immer mehr in seine Technikwelt ein und träumt vom großen Durchbruch - mit einem hochkomplexen Apparat will er Wasser in Essen verwandeln. Flint glaubt fest daran, mit dieser Idee seine heruntergekommene Heimatstadt Affenfels, die nach Schließung der Sardinenfabrik kurz vor dem Kollaps steht, retten zu können. Just in dem Moment, als der verkommene Bürgermeister Shelbourne (Bruce Campbell) einen gewaltigen Freizeitpark eröffnen will, gerät Flints Erfindung außer Kontrolle und zerstört alles was nicht niet- und nagelfest ist. Als kurz darauf leckere Hamburger vom Himmel fallen, will Flint aber niemand mehr böse sein. Das Naturereignis zieht auch die angehende Wetterreporterin Sam (Anna Faris) an. Flint verguckt sich in die wissbegierige TV-Praktikantin und übersieht im Gefühlchaos die Gefahr, die von seiner Maschine ausgeht. Denn schon bald drohen gewaltige Spaghettitornados, die endlich wieder aufblühende Stadt zu vernichten...

Die wunderbare Idee von einer Welt, in der das eigene Lieblingsessen einfach vom Himmel fällt, ist nicht neu. Sie beruht auf Judi Barretts Kinderbuchklassiker „Cloudy With A Chance Of Meatballs“, der 1978 zum ersten Mal publiziert wurde. Der Animationsstil der Verfilmung von Phil Lord und Chris Miller („Clone High“) hat nur noch wenig mit den originalen Zeichnungen von Ron Barrett gemein. Die Kinodebütanten entschieden sich in ihrer 3D-Vision für eine eigene, knallbunte Darstellungsweise. Und auch inhaltlich haben sie die nur 32 Seiten starke Vorlage deutlich ausgeschmückt.

„Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ ist ein kurzweiliger, rasanter Actionspaß für die ganze Familie. Die hintergründigen Charakterzeichnungen und Anspielungen einer Pixar-Produktion sollte der Zuschauer aber nicht erwarten. Die Beziehungen der Figuren zueinander hat man so schon in Dutzenden anderer Filme gesehen. Im Zentrum steht ein genial-verplanter Daniel-Düsentrieb-Typ, der sich nach Anerkennung und Liebe sehnt. Natürlich lebt sein existenzbedrohter Vater in seiner eigenen Welt und hat keinen Zugang zu dem Technikreich seines Sohnes. Dieses Klischee-Verhältnis brechen Lord und Miller aber mit witzigen Einfällen immer wieder auf. Zum einen auf der formalen Ebene, wo in schlichten, flächigen Figurenanimationen die Gegensätze zwischen Vater und Sohn herausgearbeitet werden. Bei Tim dominieren der massige Oberkörper und die buschigen Brauen, die ausgerechnet die Augen komplett verdecken. Dieser gutherzige, aber rückwärtsgewandte Mann sieht lange Zeit eben nicht, was sein Sohn doch für ein Talent besitzt. Flint wiederum ist ausgesprochen schmächtig, hat große hoffnungsvolle Augen und extrem lange Extremitäten. Allein optisch werden die Differenzen der beiden Familienmitglieder damit glänzend ausgedrückt. Inhaltlich vereint (Vorsicht: Ironie!) ausgerechnet ein USB-Stick Vater und Sohn. Denn nur mit diesem für Tim völlig unbekannten Objekt ist Affenfels am Ende zu retten.

Auch die angedeutete Romanze zwischen Flint und Sam spielt mit Klischees und enthält eine nicht gerade subtil vorgetragene Message. Hinter Sam verbirgt sich selbstverständlich kein eiskaltes Fernsehpüppchen. Wie Flint war auch sie mal ein Nerd, trug eine Brille und interessierte sich für Wetterkapriolen, bevor sie sich - um besser anzukommen und Karriere zu machen - einen hipperen Look zulegte. Erst durch die Begegnung mit Flint steht sie wieder zu der lange verleugneten Vergangenheit. Hier fehlt nur noch, dass jemand ein Schild mit der Aufschrift „Sei du selbst!“ hochhält. Dennoch will man den Machern den moralischen Zeigefinger in diesem Fall nicht vorwerfen, dermaßen charmant sind die Dialoge zwischen dem Pärchen, zu liebevoll die ausgelassenen Wackelpuddingszenen.

Weniger aufdringlich, aber umso zwiespältiger verfolgt „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ die Botschaft, bloß die Finger vom Fastfood zu lassen und ja nicht mit dem Essen zu spielen. Um dies zu symbolisieren, regnet es laufend Cheeseburger, Hotdogs, fette Steaks und Berge von Eiscreme. Nichts Gesundes. Prompt macht sich Gier unter den Einwohnern breit, man badet förmlich im ungesunden Essen. Bösewicht Shelbourne wird sogar so fett, dass er sich kaum noch bewegen kann, aber nichtsdestotrotz immer deftigere Portionen bei Flint ordert. In diesem Plädoyer für gesunde Ernährung wird wieder einmal das Klischee bedient, dass korpulente Menschen selbst schuld an ihrem Körperumfang sind und nur zum verfressenen Antagonisten taugen.

Hätten Lord und Miller auf diese Vorurteile verzichtet, fiele es leicht, ihren Film noch mehr zu mögen. Denn die Animationen genügen mit ihren farbenprächtigen Hintergründen, ihren liebevollen Details und ihrem sinnvollen 3D-Einsatz höchsten Ansprüchen. Auch die Gagdichte ist dank skurriler Nebenfiguren wie dem sinnfrei plappernden Affen Steve (Neil Patrick Harris), Riesenbaby Brent (Andy Samberg) und dem kultigen Stadtpolizisten Earl (Mr. T) erstaunlich hoch. Nur in den letzten 15 Minuten droht ein Showdown-Overkill, wenn im Katastrophenszenario gleichermaßen Twister und Independence Day zitiert werden und ein wahres Actiongewitter auf den Zuschauer niederbricht. Als auch noch eine kopflose Brathühnchenarmee in die Handlung eingreift, wird es außerdem so gruselig, dass der Film Kindern unter acht Jahren nicht ohne Vorbehalt zu empfehlen ist.

Die Sprecher passen nicht nur in der Originalfassung perfekt auf die jeweiligen Charaktere. Die deutsche Synchronisation setzt dieses Mal nämlich nicht auf die bei Animationsfilmen oft übliche B-Prominenz, sondern auf professionelle Synchronsprecher, die meist auch die deutschen Stammstimmen des jeweiligen US-Pendants sind. Zudem lagen Dialogbuch und Dialogregie in den Händen von Axel Malzacher, einem der besten auf diesem Gebiet und unter anderem für seine Arbeiten bei Ratatouille, Syriana und der TV-Serie „Scrubs – Die Anfänger“ ausgezeichnet.

Fazit: „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ macht aus einer einzigen Storyidee erstaunlich viel und bietet temporeiche Unterhaltung auf höchstem Animationsniveau. Die Tiefe der Über-Konkurrenz Pixar erreicht der schnell verdauliche Actionhappen aber nicht.

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